Immer mehr Kinder leiden an starkem Übergewicht. Um ihnen nachhaltig helfen zu können, ist es sinnvoll, zuerst einen Blick auf die Ursachen ihres hohen Gewichts zu werfen.
Das deutsche Gesundheitssystem bringt schätzungsweise 17 Milliarden Euro dafür auf, Adipositas und die damit einhergehenden Erkrankungen zu behandeln. In Deutschland leiden etwa 16 Millionen Menschen an der Krankheit. Und unter den deutschen Kindern und Jugendlichen findet man mittlerweile schon 16 % Übergewichtige und 6% Adipöse.
Hinter diesen nüchternen Zahlen verbergen sich individuelle Schicksale. Die Professorin Martina de Zwaan leitet die Psychosomatische und Psychotherapeutische Abteilung des Uniklinikums in Erlangen. Sie weist auf die psychische Belastung hin, die Adipositas mit sich bringt. Die Patienten machten immer wieder Versuche, ihr Übergewicht abzubauen, scheiterten aber an dem Jo-Jo-Effekt. Es gäbe daher eine um 55% höhere Wahrscheinlichkeit, dass Betroffene an Depressionen erkrankten. Und depressive Menschen wiederum würden mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von 58% zu Fettleibigkeit neigen. Das ist ein Teufelskreis, der nur durch psychologische Betreuung durchbrochen werden könnte.
Mögliche Ursachen für Adipositas sind nicht nur übermäßige Kalorienzufuhr und eine depressive Grundstimmung, sondern auch Mangel an Bewegung, der oft darauf zurückzuführen ist, dass Erwachsene und Kinder stundenlang vor Computer oder Fernseher sitzen. Auch der soziale Status der Eltern und deren eigenes Gewicht entscheiden oft darüber, ob ihre Kinder adipös werden. Wenn Mütter in der Schwangerschaft stark zunehmen und ihre Kinder nicht stillen, neigen diese später auch häufig zu Übergewicht.
Was tun? – Es gibt schon zahlreiche Programme in Kindergärten und Schulen, die auf Vorbeugung setzen. Diese zielen vor allem auf Ernährungsberatung und haben keine hohe Erfolgsquote. Es ist sinnvoller, schon Schwangere darauf hinzuweisen, welche Risiken mit einer starken Gewichtszunahme einhergehen. Denn aus dicken Kindern werden meistens auch dicke Erwachsene. Dieses Wissen kann Müttern helfen, ihr Essverhalten entsprechend zu steuern.
In London ist schon jeder zweite Erwachsene übergewichtig und etwa jedes fünfte zehn- oder elfjährige Kind adipös. Das britische Gesundheitsministerium appelliert an die Hausärzte, in ihren Praxen entsprechend aufzuklären. Die Hausärzte verweisen auf die jüngsten Kürzungen im Gesundheitsetat, durch die sie Beratungsangebote zum Thema Ernährung streichen mussten. – Bleibt zu hoffen, dass in Deutschland weiterhin auf genaue Ursachenforschung und Vorbeugung gesetzt wird.
Quellen:
wz newsline – Westdeutsche Zeitung vom 26. April 2011
Ärzte Zeitung vom 10.05.2011